Rundbrief  

Im Mai 2007

Liebe Freunde!

 

Heute möchte ich mit Euch einen Tag in Soweto verbringen, wo wir Julius, einem unserer Mitarbeiter, bei der Arbeit zuschauen. Julius arbeitet seit dem Anfang mit uns zusammen und er hat ein Herz für die Kinder und unsere Arbeit.

Wenn ich durch Soweto gehe, fällt mir immer wieder der Müll auf. Alle beseitigen den Abfall, indem sie ihn vor die Haustür schmeissen deshalb liegen überall entsorgte Plastiksäcke herum. Wenn ein starker Windstoss kommt, werden sie aufgewirbelt und fliegen wie Drachen herum. Obwohl Wangari Maathai, die Nobel Preisträgerin von 2004 aus Kenia kommt und sich sehr für die Umwelt einsetzt, merkt man davon in Soweto nichts. Wenn man auch nur eine einzelne Banane an einem Marktstand einkauft, kriegt man eine Plastiktüte. Jetzt während der Regenzeit vermischen sich die Plastiksäcke mit dem Schlamm und Dreck und kleben an den Schuhen. Für einige unserer Kinder ist die Regenzeit eine sehr ungemütliche Zeit, denn sie leben in Häusern mit Dächern die den Regen durchlassen. Andere leben in Häusern, die nur Lehmböden haben und während der Regenzeit wird der Boden matschig. Vermehrt erkranken die Kinder auch an Malaria und sind erkältet.

Um neun Uhr öffnet das Klubhaus seine Türen. Elf Kinder stehen schon vor dem Tor. Diese Kinder werden darauf vorbereitet, nächstes Jahr die öffentliche Schule zu besuchen. Julius gibt seinen vier Kindern eine schriftliche Arbeit, während er und die anderen Mitarbeiter eine kurze Sitzung haben, wo Probleme einzelner Kinder und Familien besprochen werden.

Julius ist heute nicht alleine gekommen, er hat einen kleinen Bub, Samuel, der vor einer Woche daheim ausgerissen ist, mitgebracht. Samuel lebt in Soweto bei einer guten Samariterin, die ihn aufgenommen hat, als sein Vater sich nicht mehr um ihn kümmern wollte. Doch jetzt hat es dort scheinbar Probleme gegeben, denn diese Frau hat selber fünf schulpflichtige Kinder und ein Grosskind. 

Alle leben  mit ihr zusammen in einem einzelnen Zimmer. Samuels Mutter ist schon vor langer Zeit gestorben. Vor zwei Jahren ist Samuel ins Klubhaus gekommen und letztes Jahr sandten wir ihn in die Vorschule und dieses Jahr in die erste Klasse. Die letzten Tage hat Samuel auf der Strasse verbracht, gegessen hat er, was er im Abfall fand oder er bettelte sich ein paar Schillinge zusammen und kaufte sich was, geschlafen hat er in einem Schrottauto. Samuel nimmt heute am Unterricht im Klubhaus teil und er rechnet in seinem Heft.

Für die zwei Viertklässler-Buben, die Julius unterrichtet, steht Englisch auf dem Stundenplan. Sie sind dabei verschiedene Sätze zu konstruieren. Als ihre Arbeit fertig und korrigiert ist, gehen sie in die Pause und spielen im Hof Fussball. Einer der Jungs kommt aus einer Familie wo beide Elternteile mit Aids infiziert sind und ihnen fehlen die Mittel um ihren Sohn in die Schule zu schicken.

Julius unterrichtet auch noch zwei Mädchen – Drittklässler. Heute machen sie eine Übung mit den verschiedenen Wochentagen. Es hapert mit dem Verstehen der englischen Sprache; gut dass sie noch eine Weile im Klubhaus bleiben. Eines der Mädchen hat besonders Mühe mit Englisch. Sie ist auf dem Land zur Schule gegangen und dort wurde in Kikuyu, ihrer Muttersprache unterrichtet. Dieses Jahr hat eine Tante das Mädchen nach Nairobi geholt, denn die Mutter hat psychische Probleme und ist einfach weggerannt, seither weiss niemand wo sie ist. Dieses Mädchen, ein Einzelkind,  wurde durch eine Vergewaltigung der Mutter gezeugt.

Das andere Mädchen kommt aus einer grossen Familie. Der Vater, über 70 jährig, hat drei Ehefrauen, 14 Kinder und sein jüngstes Kind wurde Anfangs Jahr geboren. Kein Wunder, dass der Vater das Schulgeld nicht aufbringen kann und die ganze Familie in völliger Armut lebt.

Am Mittag gehen alle Kinder heim und ich esse mit Julius und den anderen Mitarbeitern im Klubhaus eine Kleinigkeit. Samuels Essen haben wir in einem Restaurant bezahlt und er isst dort. Wir planen, dass wir am Nachmittag mit der  Frau bei der Samuel lebt, sprechen und gemeinsam nach einer Lösung suchen.

Heute haben alle unsere Soweto Kinder in der Schule ein Mittagessen erhalten. Nach dem Essen kommen die Unterstufen Kinder ins Klubhaus, da sie nachmittags nie Unterricht haben.

Zuerst werden Wunden verbunden, Hustensirup und andere Mittel verteilt, manche werden für Ringelflechte und Krätze behandelt. Julius ist mit den Drittklässlern zusammen, heute lernt er mit den 12 Kindern Suaheli und Englisch, danach haben die Kinder Zeit um ihre Hausaufgaben zu machen. Wenn sie fertig sind, spielen sie draussen, einige üben den Handstand und andere Kunststücke. Bevor sie heimgehen, kriegen sie alle eine Orange. Seit etwa einem Jahr geben wir allen Kindern dreimal wöchentlich eine Frucht. Obwohl es ja in Kenia Früchte im Überfluss gibt, erhalten die meisten unserer Kinder zuhause kaum je eine Frucht, da die Familien einfach nicht das nötige Geld dafür haben. Doch seit wir ihnen regelmässig Früchte geben, sehen wir einen Unterschied mit ihrer Gesundheit.

Nach dem Mittagessen ist Samuel wieder verschwunden. Einer unserer älteren Jungs, der ein Kochkurs absolviert, geht ihn suchen, doch er kommt nach einiger Zeit alleine zurück.

Ein paar Minuten ist es still im Klubhaus und um fünf Uhr kommen die Fünft- bis Achtklässler von der Schule. Julius ist mit fünfzehn Siebtklässlern zusammen. Alle Kinder haben Hausaufgaben und die werden zuerst gemacht. Sie können Fragen stellen und wenn sie was nicht verstehen, wird ihnen geholfen. Danach lernen sie zusammen was in einen Aufsatz gehört.

Um halb sieben wird es langsam dunkel und Zeit das Klubhaus abzuschliessen. Die Kinder machen sich mit ihrer Orange auf den Heimweg. Ein paar Kinder begleiten uns und erzählen uns Geschichten bis sich unsere Wege trennen.

Ich steige in ein Matatu (Minibus) das mich nach Hause bringt. Als ich aussteige, sehe ich Samuel mit einem grossen Strassenjungen betteln. Ich nehme ihn bei der Hand und zusammen gehen wir heim. Zuerst isst er mit uns, danach badet er und einer meiner Jungs gibt ihm saubere Kleider. Denn die Kleider an seinem Leib stehen vor Dreck da er sie schon eine ganze Woche an hat. Heute Nacht kann er zum ersten Mal in einem bequemen Bett schlafen.

Morgen ist ein neuer Tag und wir müssen sehen und beschliessen, was das Beste für Samuel ist…

Zurzeit ist es still um unseren Gerichtsfall mit dem Land. Doch bitten wir Euch mit uns zu beten, dass die Sache bald gelöst wird!

News aus unserer Maisha Mema Grossfamilie…

Im März wurden wir vom Staat offiziell als Kinderheim anerkannt. Ende letztes Jahr kam ein neues Gesetz in Kraft und wir sind dankbar, dass wir nun eines der wenigen Heime sind, die registriert sind.

Im April gab es in unserer Gemeinde Kindertage für Vier- bis Siebenjährige. Sechs unserer Siebt- und Achtklässler Mädchen halfen fleissig mit.

Wie alle Jahre ist Jonny im April und Mai in Norwegen, wo er Schulen, Kirchen und andere Anlässe besucht und über unsere Arbeit berichtet. Im Juli werde ich der Schweiz einen Besuch abstatten. Ich hoffe, dass ich einige von Euch während dieser Zeit sehen werde.

Kariuki ist ein neuer Junge in unserer Grossfamilie. Er ist der Bruder zweier unserer Mädchen. Er lebte die letzten acht Jahre bei einer Tante. Im November schloss er die Primarschule erfolgreich ab. Die Tante weigerte sich, ihm eine Sekundarschule zu suchen und sie fing an ihn schlecht zu behandeln. Wir nahmen ihn bei uns auf und fanden für ihn eine gute Schule. Er ist glücklich, dass er nun bei seinen zwei Schwestern leben kann. Eine weitere Schwester, die in Italien lebt, schickt uns das Schulgeld für ihn.

Martin, einer unserer Jungs, lernt Buchhalter. Seine Ausbildung dauert noch bis Ende Jahr. Vor drei Monaten halfen wir ihm zu zügeln. Er lebt nun in einem Zimmer in der Nähe der Schule und das ist der erste Schritt in ein unabhängiges Leben. Nun muss er auch lernen das Geld das wir ihm geben, selber einzuteilen. Er kommt uns oft besuchen, vor allem am  Wochenende vor Monatsende, wenn das Portemonnaie fast leer istJ. Betet mit uns dass er die Ausbildung erfolgreich abschliesst und Arbeit findet.

Tabitha geht es gut. Sie hat sich gut in unserer Familie eingelebt. Es gefällt ihr im Kindergarten und sie macht Fortschritte mit Schreiben und mit der Englischen Sprache.

Ein paar Tage sind vergangen, seit ich die erste Hälfte des Rundbriefes geschrieben habe. Samuel lebt immer noch bei uns und wir haben beschlossen, dass er bei uns bleiben wird. In der Zwischenzeit haben wir auch mit der Frau gesprochen, die ihm vorher ein Zuhause gegeben hat. Sie hat bestätigt, dass der Vater überhaupt kein Interesse an seinem Jungen hat, und niemand weiss wo er lebt. Am Freitag ging einer unserer älteren Jungs mit Samuel auf den Markt und es wurden Kleider und Schuhe eingekauft. Gestern ging es zum Coiffeur, Creme für  Ringelflechte wurde gekauft und Tabletten gegen Würmer genommen. Heute hat er für den Gottesdienst seine neuen Kleider und Schuhe  angezogen - man erkennt ihn kaum wieder. Unsere Kinder kümmern sich liebevoll um ihn und haben ihn gut in die Familie aufgenommen. Samuel sagte mir selber, dass er von nun an bei uns bleiben will.

Samuel

Herzlichen Dank, dass wir durch Eure Unterstützung und Euer Mittragen Samuel, Tabitha, Kariuki, Martin und vielen anderen Kindern in Nairobi helfen können!

Mit lieben Grüssen!                                                                                                   

Marianne  und  Jonny

 


Rundbrief  

Im März 2007

 
Liebe Freunde!

 

Das neue Jahr ist schon wieder zwei Monate alt. Ende 2007 wird in Kenia ein neuer Präsident und ein neues Parlament gewählt. Schon jetzt dreht sich alles um die bevorstehenden Wahlen, die Zeitungen sind voll davon und überall wird über den Ausgang spekuliert.

Anfangs Januar stand eines Abends eine achtjährige Schwester zweier Mädchen aus unserer Grossfamilie vor dem Tor. Da es schon sehr spät und dunkel war, musste sie über Nacht bei uns bleiben. Am nächsten Tag informierten wir die Familie, dass das Kind bei uns ist. Wir dachten, dass die Mutter sich Sorgen machen und das Kind sofort abholen würde. Doch falsch gedacht, wahrscheinlich war die Mutter einfach froh, dass sie ein Kind weniger am Esstisch hatte und sie kam nicht. Zwei Tage später um Sieben abends stand eine weitere Schwester vor unserer Tür. Dieses Mädchen war gerade sechs jährig und sah in ihren zerrissenen, sehr schmutzigen Kleidern und barfuss sehr erbärmlich aus. Das Mädchen hatte den langen gefährlichen Weg durch mehrere Slums alleine zurückgelegt. Wieder riefen wir die Familie an und liessen sie wissen, dass sie zwei ihrer Kinder bei uns abholen müssen. Doch wieder meldete sich die Mutter nicht bei uns. Zwei Tage später, als wir beim Abendessen sassen, rief mich unser Nachtwächter und wer stand vor der Tür? Die 12-jährige Schwester mit dem zweijährigen Bruder auf dem Rücken. Ich rief den ältesten Bruder an, doch diesmal war ich nicht so freundlich am Telefon. Ich drohte ihm, dass wenn er nicht sofort zu uns komme und die Kinder abhole, wir die Polizei einschalten würden. Das nützte, denn schon eine halbe Stunde später war er bei uns. Er hat einen Marktstand und verkauft gebrauchte Kleider und lebt nicht mehr daheim. Er war verzweifelt, da sich die Mutter ganz und gar nicht um ihre Kinder kümmert. Zusammen versuchten wir die beste Lösung für die Geschwister zu finden und wir einigten uns darauf, dass er sie zu Verwandten auf dem Land bringen soll. Doch der zweijährige Bruder wurde noch am gleichen Abend der Mutter zurückgebracht.

Ein paar Tage später - am geplanten Reisetag - stiess ein weiteres Kind dieser Familie zu uns: ein etwa 14jähriger Bruder, der um dem Elend daheim zu entfliehen, die Strasse zu seinem Zuhause gemacht hat. Er hörte von den Plänen, dass zwei seiner Schwestern aufs Land gebracht würden und er wollte auch mitgehen. Es wurde beschlossen, dass das sechsjährige Mädchen - Tabitha zu klein war um mitzugehen. Denn das Leben auf dem Land für diese Geschwister ist kein Zuckerschlecken, sie helfen neben der Schule bei der Feldarbeit, doch wenigstens wissen sie, dass sie am Abend eine warme Mahlzeit erhalten. Eigentlich hätte der grosse Bruder, nachdem er wieder zurückkam, Tabitha abholen und der Mutter zurückbringen sollen. Doch er konnte die Mutter überhaupt nicht finden. Das kleine Mädchen ist uns sehr ans Herz gewachsen und ihr Schicksal hat uns berührt und wir beschlossen sie in unserer Grossfamilie aufzunehmen. Seit einem Monat schicken wir sie in den Kindergarten. Alles ist neu für sie, bis dahin hat sie noch nie einen Bleistift in der Hand gehalten, doch sie geht sehr gerne, obschon sie am Anfang immer meinte, dass zur Schule gehen schlecht und langweilig sei.

Das Mädchen verstand kein Englisch, und konnte natürlich auch nicht Englisch reden. Doch eines wusste sie zu sagen: „Give me food and give me money!“ (Gib mir was zu Essen und gib mir Geld!) Sie war sich gewöhnt mit ihren Geschwistern herumzustreunen und zu betteln. Vor ein paar Tagen wurde sie für eine gründliche Untersuchung zum Arzt gebracht. Tabitha  hatte vor etwa vier Jahren starke Verbrennungen erlitten. Die Haut an einen Knie und Oberschenkel ist weiss. Sie hatte Magen und Darmbeschwerden vom verschmutzten Wasser. Der Arzt konnte, als er sie wog und mass, einfach nicht glauben, dass das Mädchen schon sechsjährig ist. Sie sieht keinen Tag älter als vierjährig aus!

 

Für uns ist es schwer vorzustellen, wie viel Leid dieses kleine Kind schon erleben musste. Doch wenn sie uns am Ende des Schultages in die Arme schliesst und uns mit dem süssesten Lächeln begrüsst, freuen wir uns mit ihr, dass sie jetzt bei uns ein Zuhause gefunden hat, Geborgenheit erlebt und  endlich ihre Kinderjahre unbeschwert erleben darf.

 

Wir sind uns bewusst, dass die Not um uns herum enorm riesig ist und wir bei weitem nicht allen helfen können, aber wir sind dankbar, dass wir das Leid eines Kindes lindern können. Wenn ich Tabitha anschaue, muss ich an folgende Worte aus dem Markus Evangelium denken. Jesus nahm ein Kind, stellte es mitten unter die Jünger, herzte es und sprach zu ihnen: „Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht mich auf sondern den, der mich gesandt hat.“

Der  Kampf um unser Land geht weiter… Im Dezember sollte die geplante Gerichtsverhandlung stattfinden, doch das Gericht verschob sie kurzfristig, da zu viele Fälle für diesen Tag auf dem Programm standen. Kurz vor Weihnachten hatte eine Kirche unser Land an sich gerissen und sie stellten eine grosse Kirche aus Wellblech auf. Nachdem wir unseren Anwalt einschalteten, wurde sie nun wieder von den Behörden abgebrochen. Auf Mitte März ist ein neuer Gerichtstermin angesetzt.

Ende Dezember wurden die Resultate der Primarschulabschlussprüfungen veröffentlicht. Wir freuten uns über die mehrheitlich guten Noten unserer Kinder. Im Januar waren Florence und ich damit beschäftigt, Sekundarschulen für 14 Kinder zu finden. Danach musste alles Mögliche vorbereitet und eingekauft werden: Schulbücher, Uniformen, Schuhe, Matratzen, Leintücher, Decken, Wascheimer und Metallkisten, wo alles verstaut werden kann. Es musste jedes einzelne Ding angeschrieben und das Schulgeld musste einbezahlt werden. Danach brachten wir die Kinder in ihre diversen Schulen. Die meisten Schulen, die wir fanden, sind etwa 100km von Nairobi entfernt. Die Reise führte uns durch kleine Dörfer, durch riesige Ananasplantagen und saftiggrüne Reisfelder und in der Ferne sahen wir den schneebedeckten Mount Kenia. Alle Jugendlichen haben sich in ihren neuen Schulen gut eingelebt und sind mit vielen Erlebnissen von ihren neuen Schulen nach Nairobi zurückgekehrt.

News aus Soweto…

Im Dezember fand wieder ein Lager für die Kinder statt. Über 70 Kinder nahmen diesmal daran teil und genossen fünf unbeschwerte Tage, danach war das Clubhouse zwei Wochen über die Festtage geschlossen und alle unserer Mitarbeiter hatten Ferien.

Im Januar schauten sich unsere Mitarbeiter nach Kindern in Soweto um, die nicht in der Schule sind. Innert kürzester Zeit hatten sie wieder eine Schar ganz bedürftiger Kinder zusammen, ihre Familien wurden besucht und interviewt und die Kinder werden nun im „Clubhouse“ darauf vorbereitet später im Jahr die Schule zu besuchen. 

Oft haben wir Besuch. Auch jetzt gerade sind zwei Volontäre bei uns. Eine junge Frau aus Deutschland, die ein zweimonatiges Praktikum für ihr Studium bei uns absolviert und ein Schweizer, der einen Monat bei uns mithilft. Die Kinder freuen sich immer über die Abwechslung, die Besucher mit sich bringen.  

Im September wurden wir von einer der Primarschulen angefragt, ob wir Steve helfen könnten. Steve - ein Waise - lebt mit seiner Schwester in Nairobi und besuchte die achte Klasse. Die Lehrer meinten, dass der Junge die bevorstehenden Prüfungen erfolgreich abschliessen würde, aber niemals ohne Unterstützung die Sekundarschule besuchen könne. Der Junge hatte auch häufig epileptische Anfälle. Wir fanden eine Arztpraxis, die sich darauf spezialisierte und eine unserer Mitarbeiterinnen, ging mit Steve dorthin. Es wurden ihm Medikamente verschrieben, doch wir hatten nicht mit dem Widerstand der Familie gerechnet. Eine Cousine der Geschwister, die ihnen ein Dach über dem Kopf anbot, verbot Steve die Medikamente zu nehmen. Laut ihr durfte Steve nur die Kräutermischung einnehmen, die ein Medizinmann vom Land verschrieben hatte. In der gleichen Zeit starb noch sein kleiner Bruder auf dem Land an Malaria, ein sinnloser Tod, wenn der Junge nur zur rechten Zeit zu einem Arzt gebracht worden wäre…Nachdem wir mit der Cousine in Anwesenheit der Oberlehrerin sprachen und ihr drohten die Behörden einzuschalten, falls sie Steve nicht die Medikamente gibt, willigte sie ein und Steve durfte die Tabletten einnehmen. Er schloss die Primarschule erfolgreich ab und wir freuten uns über seine guten Resultate. Die Verwandten erklärten sich plötzlich bereit, obschon sie arm sind, Steve in eine Sekundarschule auf dem Land zu schicken. Doch später fanden wir heraus, dass sie Hintergedanken hatten: Sie wollten sich die Parzelle Land aneignen, die Steve und seiner Schwester beim Tod der Eltern zugefallen war. Als das Spiel durchschaut war, kam Steve zu uns und bat uns um Hilfe. Seit einem Monat ist er in der Sekundarschule, es gefällt ihm gut und er sieht gut aus und hat bis jetzt noch keinen einzigen epileptischen Anfall gehabt.

Durch einen kanadischen Arzt erhalten wir seit gut einem Jahr Tabletten mit Nahrungszusätzen, die den Eltern  unserer Kindern, die mit Aids infiziert sind, verabreicht werden. (Meistens sind es nur Mütter, denn sie sind offener und teilen uns mit wenn sie an Aids erkrankt sind.) Bis jetzt haben wir sehr gute Ergebnisse damit erzielt, die Blutwerte haben sich markant verbessert. Ein kanadischer Professor wird im April kommen und eine wissenschaftliche Studie darüber schreiben. An der letzten grossen Aids Konferenz im August letzten Jahres in Kanada wurde von jemandem erwähnt dass in Nairobi diese Tabletten mit Erfolg Aids Patienten verabreicht werden.

 

Für Eure Unterstützung und Euer Mittragen möchten wir Euch ganz herzlich danken! Ihr ermöglicht uns, dass wir die Arbeit unter den Kindern tun können!  Mit lieben Grüssen!

Marianne  und  Jonny

 

Marianne mit Paul und Alice

 

Unsere Adresse:

Marianne und Jonny Haldimann Mydland

P.O. Box 5564

0100 NAIROBI – GPO

Kenya

Tel: (+254) 722- 80 65 73

e-mail: marianne-h-m@maishamema.org                        webpage: http://MaishaMema.org

PS: Wir wissen, dass in der letzten Zeit Briefe und Päckli oft nicht in unserem Postfach lagen. Man hört immer wieder, dass Postarbeiter stehlen. Falls Ihr E-mail habt, schreibt uns bitte via e-mail. Und wenn Ihr was geschickt habt, und von uns keine Antwort bekommen habt, so hat wahrscheinlich Eure Post nicht den Weg in unser Postfach gefunden…

 


Rundbrief  

Im September 2006

Liebe Freunde!

 

Im Mai verbrachte ich zwei schöne, erholsame Wochen mit Jonny in Norwegen. Danach sind wir beide wieder nach Kenia gekommen und der Alltag holte uns ganz schnell wieder ein.

Ein Mädchen, nennen wir sie Atis, lebt mit ihrer Mutter, und zwei Brüdern in Kayole, Nairobi. Sie ist die Jüngste in der Familie. Der Vater starb in 2003 an Aids. Kurz vor seinem Tod fand die Mutter heraus, dass auch sie HIV+ ist. Die Familie lebte früher auf dem Land, wo der Vater für die Ananas Plantage „Del Monte“ arbeitete. Sie führten ein gutes Leben, mit sicherem Einkommen, doch der Vater vertrank alles Geld und sie verloren ihr ganzes Hab und Gut und mussten nach Nairobi kommen. Letztes Jahr wurden wir durch die Oberlehrerin in der Kifaru Primarschule auf die Familie aufmerksam gemacht und man bat uns Atis zu helfen. Ihre zwei Brüder sind in der Sekundarschule. Die Mutter hat grosse Mühe das Schulgeld aufzubringen und weiss, dass sie mit ihrem Einkommen (sie ist Schneiderin) niemals allen drei Kindern eine Schulbildung ermöglichen kann. Atis besucht das letzte Jahr der Primarschule und in sechs Wochen wird sie die Abschlussprüfung absolvieren.

 

Die Mutter lebt positiv mit ihrer Krankheit, spricht offen mit ihren Kindern darüber, hat mehrere Kurse besucht und versucht nun ihr Wissen anderen Frauen weiterzugeben. Sie hat auch unseren Müttern in Soweto ihre Lebensgeschichte erzählt und sie über Aids aufgeklärt. Leider werden wir immer mehr mit Leuten konfrontiert, die auch an Aids erkrankt sind. Mama Atis ist bereit mit diesen Frauen für Tests zum Arzt zu gehen, sie zu beraten und sich um sie zu kümmern.

Vor einiger Zeit fand ich bei einer Untersuchung heraus, dass ich ein Loch im Herzen habe. Das kam für mich sehr überraschend, da ich ja immer sehr gesund gewesen bin. Es wurde mir geraten, mich operieren zu lassen. In Europa ist diese Operation längst Routine und eine relative kleine Sache, doch hier wird sie nur von Spezialisten, die aus Europa kommen, durchgeführt. Normalerweise kommt zweimal jährlich ein Team und führt während zwei Wochen diese Herzoperationen durch. Schon zweimal wurde ich aufgeboten, doch beide Male hatten sie nicht die richtige Grösse des „Schirmes“ dabei, der eingesetzt werden sollte. Im August kamen sie wieder und ich ging zur Untersuchung. Dieses Mal hatten sie den richtigen Schirm dabei und schon am nächsten Tag wurde ich operiert. Der Schirm, den sie einsetzten, hatte einen Durchmesser von 38mm… Am selben Abend konnte ich wieder heim und nach wenigen Tagen war ich schon wieder fit. Wir sind dankbar, dass die Operation ohne Komplikationen verlaufen ist.

Die erste Runde im Kampf um unser Land haben wir gewonnen. Doch leider heisst das immer noch nicht, dass wir mit dem Neubau anfangen können.  Es werden noch weitere Gerichtstermine folgen… Doch unser Vertrauen an die Gerechtigkeit in Kenia, und daran, dass der Korruption der Kampf angesagt ist, ist wieder etwas hergestellt!

News aus Soweto…

Im Januar stellten wir eine neue Mitarbeiterin ein, - Maria - eine Mutter von zwei Kindern. Letztes Jahr, als wir dabei waren das Klubhaus zu bauen, kam sie vorbei und fragte, ob sie bei unserer Arbeit mithelfen könne. Sie arbeitete während sechs Monaten freiwillig mit und wir sahen, dass sie mit ganzem Herzen dabei war. Wir schickten sie im April in einen Kurs, wo sie verschiedene Methoden lernte, um Kinder in der Vorschule zu unterrichten. Sie macht ihre Arbeit sehr gut; Mütter und Kinder haben schnell Vertrauen zu ihr gefasst. Immer wieder haben wir freiwillige Helfer, die mehrere Monate bei uns mitarbeiten.

Im August hatten die Kinder vier Wochen Schulferien. Für unsere Mitarbeiter in Soweto bedeutet das immer Hochbetrieb, da über hundert Kinder tagtäglich im Klubhaus ein- und ausgehen. Am Morgen wurde gelernt und am Nachmittag fanden viele Aktivitäten statt. Kwame machte mit den jüngsten Kindern verschiedene Spiele oder ging mit ihnen spazieren. Julius sang mit einer Gruppe. Maria bastelte mit einigen Kindern. Fred hatte eine Gruppe die malte und zeichnete. Zwei junge Frauen studierten mit interessierten Mädchen akrobatische Kunststücke ein. Eine andere Gruppe lernte neue Tänze. Andere wiederum häkelten, lernten wie man mit Perlen Schmuck macht oder übten sich in der Hauswirtschaft .

Jetzt wo das letzte Quartal des Jahres angefangen hat und alle Kinder in der Schule sind, fanden wir wieder zehn Kinder in Soweto, die nicht zur Schule gehen. Eigentlich wären ja alle Eltern dazu verpflichtet ihre Kinder in die Primarschule zu schicken, doch gleichwohl hat es immer noch sehr viele Kinder, vor allem in den Slums, die nicht zur Schule gehen. Die zehn Kinder, die nicht zur Schule gehen, kommen jeden morgen ins Klubhaus, wo mit ihnen gerechnet, geschrieben, gelesen und gespielt wird. Sie werden von unseren Mitarbeitern darauf vorbereitet  im Januar die Schule zu besuchen.

Immer wieder ein ganz herzliches Merci für Eure Unterstützung und Euer Mittragen!

Aus Nairobi schicken wir Euch liebe Grüsse!

Marianne  und  Jonny

 


Rundbrief  

Im Februar 2006

Liebe Freunde!

 

Herzlichen Dank für alle Weihnachtspost, es freut uns immer von „daheim“ zu hören. Auch die Kinder freuten sich über die Karten, Briefe und Geschenke ihrer Paten. Mit unserer Grossfamilie verbrachten wir schöne Festtage. Am 26. Dezember gingen wir zusammen Baden - für alle Kinder immer ein tolles Erlebnis.

In den letzten Wochen war Kenia oft in den Medien. Nach verlorenem Referendum im November, entliess der Präsident alle Minister und nach zwei Wochen berief er ein neues Kabinett. Jeden Tag hört man von neuen Korruptionsfällen; die Finanz-, Bildungs- und Energieminister wurden die neusten Opfer und gaben vor kurzem ihren Rücktritt bekannt. Vor einigen Wochen stürzte im Stadtzentrum von Nairobi ein Neubau ein und begrub viele im Schutt. Dürre und Hungersnot plagen weite Teile des Landes. Manche Gegenden haben in den letzten zwei Jahren überhaupt keinen Regen bekommen. In Nairobi wird das Wasser rationiert, an einigen Tagen jede Woche bleiben die Wasserhahnen trocken. Wir müssen sehr sparsam mit dem kostbaren Nass umgehen. In den letzten Wochen sind die Preise von Gemüse um beinahe 100% gestiegen. Wir hoffen dass die kommende Regenzeit genug Regen bringt. 

Vor fünf Jahren klopfte Judy an unser Tor und bat um Hilfe, damit sie die Sekundarschule abschliessen konnte. Die Mutter weigerte sich nämlich das Schulgeld weiterhin für ihre Tochter zu bezahlen. Schliesslich hatte ihre Tochter jetzt das Alter um zu heiraten, oder wenigstens wäre es nun ihre Aufgabe die Mutter zu unterstützen, indem sie irgendwo Hausmädchen wurde. Vorgängig musste Judy auch nächtelang im Auftrag der Mutter daheim im Wohnzimmer „Changaa“ - den selbstgebrauten Alkohol – ausschenken und sich so ihren Unterhalt und ihr Schulgeld verdienen. Wir beschlossen ihr Schulgeld zu bezahlen und nach zwei Jahren schloss sie erfolgreich die Sekundarschule ab. Wir verloren sie aus den Augen, doch letztes Jahr trat sie wieder in unser Leben. Ihre Mutter war in einem Diebstahl verwickelt und wurde zu mehreren Monaten Gefängnis verurteilt. Judy, die Älteste von vier Kindern, übernahm die Verantwortung für ihre Geschwister. Doch da sie selber noch in Ausbildung war, fehlten ihr die nötigen Mittel und wir wurden um Hilfe gebeten. Nach Abschluss der Sekundarschule hatte sie in einer Fabrik Arbeit gefunden und sparte jeden Schilling für eine Ausbildung. Nachdem sie genug Geld zusammen hatte, meldete sie sich für einen Kurs in der Reisebranche an. Mit unserer Hilfe konnte sie nun im November den Kurs abschliessen. Während der Ausbildung, musste sie in einem Reisebüro ein Praktikum absolvieren. Sie machte ihre Arbeit so gut, dass ihr nach der Ausbildung eine feste Stelle versprochen wurde. Am Tag nach bestandener Abschlussprüfung arbeitete sie im Reisebüro als Angestellte. Was für ein Segen in einem Land wo weit über 50% Arbeitslosigkeit herrscht!!!  Jetzt spart sie fleissig, damit sie bald ausziehen und ihre eigene Wohnung mieten kann. Oft besucht sie uns und erzählt uns von ihrer abwechslungsreichen Arbeit.

Vor mehreren Jahren halfen wir auch einer anderen jungen Frau die Sekundarschule abzuschliessen. Ihr Wunsch war es nach dem Abschluss Krankenschwester zu lernen. Wir fanden eine Stelle in einem Heim, wo sie ein Praktikum absolvieren konnte. Doch nach ein paar Monaten wurde sie schwanger, heiratete den Vater ihres Kindes und wir verloren den Kontakt zu ihr. Letztes Jahr tauchte sie plötzlich wieder auf und wir kamen ins Gespräch. Ihr Mann arbeitet in Mombasa und als sie ihn besuchte, fand sie heraus dass er dort eine andere Frau hatte. In der letzten Zeit war er auch oft krank und sie vermutete, dass er AIDS habe, sprach mit ihm aber nicht darüber. Verständlicherweise hatte sie aber auch Angst, dass sie sich angesteckt hatte.

 

Ein Poster in einer Arztpraxis. (Mindestens zwei von zehn schwangeren Frauen in Kenia  sind HIV positiv.)

Nach langem Zureden war sie bereit sich testen zu lassen.  Eine Welt brach für sie zusammen, als sie herausfand, dass auch sie HIV positiv ist.  Wir sprachen oft mit ihr und beschlossen, dass wir ihr eine Ausbildung im Gesundheitswesen ermöglichen, so dass sie in den nächsten Jahren für den Unterhalt ihrer Tochter aufkommen kann. Sie hat ein süsses vierjähriges Mädchen. AIDS - ein Alptraum - ein Todesurteil mit dem wir leider oft konfrontiert werden. 

Im letzten Rundbrief erzählten wir Euch, dass wir Opfer von Landdiebstahl geworden sind. Unser Anwalt hat den Fall nun vor Gericht gebracht. Die Verhandlung wurde schon zweimal verschoben, da zu viele Fälle an diesen Tagen angemeldet waren. Der 21. März wurde uns als nächster Verhandlungstermin angegeben. Wir hoffen und beten, dass die Sache bald gelöst werden kann. 

News aus Soweto…

*    Freitag nach der Schule und am Samstag, nehmen einige  Jungs begeistert am Akrobatik Training teil. Einer der Jungs ist sehr scheu, aber durch diese Beschäftigung hat er viel an Selbstvertrauen gewonnen.  Jetzt sind sie gerade dabei, Kunststücke mit Feuer zu lernen.

*   Am 9. Januar fing das neue Schuljahr an, und aus Soweto schicken wir neun Kinder neu in die Primarschule.

Alle sieben der Soweto Kinder schlossen im November die Abschlussprüfung der Primarschule erfolgreich ab. Im Januar suchten wir Sekundarschulen für sie und wir sind dankbar, dass wir gute Schulen gefunden haben und sie sich in ihren neuen Schulen gut eingelebt haben. Alex hatte dieses Jahr das beste Resultat unserer Kinder. Ein stiller Junge, der oft von seinem betrunkenen, jähzornigen Vater grundlos verprügelt wurde...

*   Vor drei Wochen wendete sich in Soweto ein Junge an uns, der auch im November die Primarschule abgeschlossen hatte. Seine Mutter verstarb vor ein paar Jahren und seitdem lebte er mit dem Vater und mit dessen dritten Ehefrau in Soweto.

 

Der Vater lag nun schwerkrank im Spital. Der Junge hatte in der Abschlussprüfung Spitzenresultate. Seine Stiefmutter sagte ihm aber, dass er den Besuch der Sekundarschule vergessen könne, da sie in ihm eine billige Arbeitskraft sah. Sie brauchte jemanden, der an ihrem Marktstand von morgens früh bis spätabends arbeitete. Wir beschlossen in die Situation einzugreifen und versprachen dem Jungen, dass wir ihm den Sekundarschulbesuch ermöglichen würden. Am gleichen Tag starb sein Vater im Spital. Seit ein paar Tagen besucht er eine gute Sekundarschule.

*    Im Dezember war es wieder soweit und 50 Kinder aus Soweto sowie 13 Kinder aus unserer Grossfamilie und 3 Mitarbeiter verbrachten fünf unbeschwerte Tage in einem Lager. Ein unvergessliches Erlebnis, und alle Kinder erzählen noch heute davon.

Vor einiger Zeit schrieben die Kinder aus unserer Grossfamilie einen Aufsatz mit dem Thema „Wie würde mein Leben aussehen, wenn ich nicht hier wäre...“  Eines unserer Mädchen schrieb folgendes: „Ich wäre auf der Strasse und niemand würde sich um mich sorgen. Mein Essen käme von Abfallbergen und mein Leben wäre fortwährend in Gefahr. Ich erinnere mich an einen gewissen Tag, als ich bei einer Frau angestellt war, die ein kleines Kind hatte. Meine Aufgabe war es, auf dieses Kind aufzupassen, aber auch abzuwaschen, Wasser zu holen, und vieles mehr. Die Frau hatte einen unnützen Mann, der oft betrunken heimkam. Eines Tages kam die Frau nicht wie gewohnt früh heim. Der Mann war betrunken und wollte mit mir zu Bett gehen. Noch bevor ich etwas erwidern konnte, zerrte er mich an meinen Kleidern und schubste mich zum Bett. Er versuchte meine Kleider vom Leib zu reissen, doch ich wehrte mich bitterlich...

Vielen herzlichen Dank für Eure Unterstützung und Euer Mittragen. Ihr ermöglicht unsere Arbeit hier in Kenia!

Mit lieben Grüssen!

Marianne  und Jonny


Rundbrief  

Im Oktober 2005

Liebe Freunde!

 

Langsam aber sicher geht dieses Jahr schon dem Ende zu... Wir haben 15 Kinder, die in wenigen Wochen die Abschlussprüfung der Primarschule absolvieren. Acht weitere Schüler fangen gerade mit den Abschluss-prüfungen der Sekundarschule an. Die Prüfungen wurden dieses Jahr etwas vorgelegt, da am 21. November in Kenia über eine neue Verfassung abgestimmt wird. Diese Vorlage ist seit Wochen das vorherrschende Gesprächsthema und die Auseinandersetzungen zwischen den Befürwortern und den Gegnern  werden immer heftiger.

Lost and Found...

Vor drei Monaten fand eines unserer Mädchen frühmorgens auf dem Schulweg einen kleinen Jungen. Er sass verloren an einem Strassenrand und weinte. Nach einiger Zeit fasste er Vertrauen und  begleitete sie zur Schule. Die Schule versuchte vergeblich seine Mutter zu finden. In der Schweiz würden wir so ein Kind auf den nächsten Polizeiposten bringen, doch hier ist es nicht so einfach...

 

Die Polizei gibt das Kind wieder den Leuten mit, die es auf den Posten gebracht haben, bis Angehörige sich melden. Tagsüber spielte der Junge in der Schule, aber nach Schulschluss wussten sie nicht wohin mit ihm und sie schickten ihn mit Veronicah zu uns. Er war ziemlich verängstigt und schmutzig.  Doch  die  Kinder  waren glücklich, dass  sie sich  einem „Findelkind“ annehmen konnten. Ein Bad, saubere Kleider und eine warme Mahlzeit taten dem Jungen gut und er begann sich daheim zu fühlen.  Wir alle versuchten möglichst viele Infos rauszukriegen, damit wir seine Mutter finden können. Am nächsten Morgen baten wir Florence, unsere Sozialarbeiterin,  sich um  den Fall zu kümmern.  In der Umgebung, wo der Junge gefunden wurde, suchte sie nach seiner Mutter. Nach einigen Stunden wurde sie fündig und erfuhr die Geschichte des Kindes. Die Mutter kommt von einem Nomadenstamm im Norden Kenias. Als sie Probleme mit ihrem Mann hatte, kam sie auf der Suche nach einem Job nach Nairobi. Aber wie so viele, endete auch sie mit ihren zwei Kindern auf der Strasse. Als die Polizei eine Razzia machte und Strassenfamilien aus dem Stadtzentrum verbannte, liess sie sich mit ihren Kindern in unserer Nähe nieder. Um zu überleben bettelte sie tagsüber mit ihnen und in der Dunkelheit zogen sie sich unbemerkt auf eine Baustelle zurück um zu schlafen. In der Dunkelheit konnte Charles plötzlich seine Mutter nicht mehr finden, und entfernte sich von der Unterkunft. Der Junge war glücklich, als er wieder mit seiner Familie vereint wurde. Die Mutter wollte mit ihren Kindern nicht in Nairobi bleiben, da sie gesehen hatte, wie schwierig und trostlos das Leben für sie hier war. Wir besorgten ihr und den Kindern Busbillette und versorgten sie mit dem Nötigsten: Sie wuschen sich bei uns, bekamen etwas Warmes zu essen und wurden neu eingekleidet. Danach brachten wir sie auf den Bus, der sie zurück in den Norden brachte.

Am Abend bekamen wir von einer Lehrerin der Primarschule, wo Charles hingebracht wurde, folgendes SMS: „Ihr seid echte Missionare. Gestern weinte ich als ich dieses erbärmliche Kind sah. Dank euch war der Junge heute ein Mensch, dessen Würde wiederhergestellt wurde.“

Krise -- Krise -- Krise --

Mitte August konnten wir mit dem Aushub von unserem Zentrum beginnen. Doch unsere Freude währte nicht lange... Andere Leute kamen und behaupteten, dass das Land ihnen gehört. Nach zahllosen Gängen zu verschiedenen Behörden, mussten wir alle Arbeiten einstellen und unser Anwalt kümmert sich um den Fall. Wir sind immer noch 100% überzeugt, dass das Land uns gehört, und wir es rechtmässig erworben haben. Wir haben auch alle Bewilligungen für den Bau. Wie so viele Leute in Kenia, sind auch wir Opfer von Landdiebstahl geworden.

Wir freuten uns mit Kenia als vor knapp drei Jahren Wahlen stattfanden und ein neuer Präsident an die Macht kam. Doch viel hat sich seitdem nicht geändert; die Korruption regiert immer noch...  Die Leute, die behaupten, dass das Land ihnen gehöre, haben Verbindungen zur Regierung... Unser Anwalt ist zuversichtlich und kümmert sich gut um die ganze Sache. 

Betet doch mit uns, dass diese Angelegenheit bald gelöst werden kann und wir mit dem Aushub und Bau weiterfahren können.

 

 

Seit ein paar Tagen haben wir Zuwachs in unserer Grossfamilie. Isaiah, ein Drittklässler, lebte schon lange mit seinem Onkel in Soweto und wir schickten ihn zur Schule. Doch der Onkel kümmerte sich wenig bis gar nicht um den Jungen; bei den kleinsten Fehlern wurde er immer wieder geschlagen. Wir versuchten mit dem Onkel und Isaiah zu sprechen, doch es half nichts. Vor ein paar Wochen rannte der Junge weg. Mitarbeiter und Kinder suchten tagelang nach ihm und schliesslich wurde er gefunden.

Er stand im Abwasser und machte Schmutzarbeiten um ein paar Schillinge zu verdienen, damit er sich eine Mahlzeit gönnen konnte. Die Nächte verbrachte er im Hinterhof einer Bar. Wir sprachen mit ihm und er wollte zurück in die Schule und war froh, dass er zu uns kommen konnte. Er hat sich erstaunlich schnell bei uns eingelebt und ist sehr dankbar, dass er  in unserer Familie aufgenommen wurde. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie schnell sich Kinder durch Liebe, Geborgenheit und Sicherheit verändern.

News aus Soweto…

    ×   Fünf Jahre arbeiten wir nun schon im Soweto Slum. Es fing mit nur einer Handvoll Kinder an, die eine unserer Mitarbeiterinnen auf einem Abfallberg fand. Nach einiger Zeit schickten wir diese Kinder zur Schule und mieteten ein einziges Zimmer in einer Holzhütte. Dort wurde den Kindern nach Schulschluss bei den Aufgaben geholfen. Über die Jahre wuchs die Arbeit und heute schicken wir 90 Kinder von Soweto in die Schule. Dieses Jahr konnten wir mitten in Soweto Land kaufen und in den vergangenen Monaten ein eigenes Klubhaus bauen. Es beinhaltet fünf Klassenzimmer, eine Halle für offizielle Anlässe, je eine Toilette für Mädchen, Jungs und Erwachsene, sowie eine Dusche. (Manche Kinder haben daheim keine Möglichkeit sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu waschen...) Den Anschluss für fliessendes Wasser sollten wir in den nächsten Monaten kriegen. Das neue Klubhaus wird nicht so schnell zu klein. Wenn es nötig wird, kann man das Dach von den Klassenzimmern abheben und noch einen Stock draufbauen. Von weit her sieht man das blaue Dach und das schöne weisse Tor. Eine Perle inmitten des Slums... Die Kinder sind sehr stolz, dass sie dort sein können.

Am 24. September war es endlich soweit... Mit einer fröhlichen und bunten Feier wurde das neue Klubhaus offiziell  eingeweiht. Die Kinder sangen, tanzten und auch die Eltern machten mit. Unsere Akrobaten zeigten ihre Künste. Vertreter vom Sozialwesen, von den zwei Primarschulen, wo wir die Kinder hinschicken, sowie Offizielle von unserem Stadtteil waren anwesend und hielten verschiedene Reden. Anschliessend gab es für alle ein Mittagessen und bei Gesprächen sassen wir noch lange zusammen. Eine Volontärin meinte folgendes: „Dieser Ort bietet den Kindern Sicherheit und gibt ihnen eine Gelegenheit an sich zu glauben und die Hoffnung, eine Chance in dieser Welt zu kriegen.“

Falls Ihr einen Internetanschluss habt, möchten wir Euch auf  unsere Webpage verweisen. Dort könnt Ihr Bilder vom neuen Klubhaus sowie von der Eröffnungsfeier anschauen. (www.maishamema.org)

    ×   Obschon die kenianische Regierung den Besuch der Primarschule obligatorisch gemacht hat und ihn auch finanziert, hat es viele Kinder, die nicht in die Schule gehen. Für eine wirklich arme Familie ist es immer noch sehr schwierig, Schuluniform, Bücher, Schreibzeug, Mittagessen und das Pult zu finanzieren. Wir haben unsere Mitarbeiter gebeten in Soweto solche Kinder ausfindig zu machen. Mühelos kamen zehn Kinder zusammen. Um sie auf die Schule vorzubereiten, wird ihnen nun jeden Morgen im Klubhaus Lesen und Schreiben beigebracht. Zu Beginn des neuen Schuljahres werden wir auch sie in eine öffentliche Schule schicken.

    ×   Paul, einer unserer Vertreter in Norwegen und regelmässiger Besucher, verbringt wieder ein paar Tage in Kenia. Bei seinem letzten Besuch verteilte er unseren Kinder in Soweto „Einweg - Photoapparate“. Er gab ihnen Anleitungen das Leben in Soweto zu photographieren. Viele eindrückliche Bilder sind dabei entstanden. Gleichzeitig gab er denselben Auftrag an Schulklassen in Norwegen. Nun ist er dabei ein Buch zu machen, das Kontraste (aus der Sicht von Kindern) zwischen Norwegen und Soweto darstellt. Der Erlös des Buches, welches nächstes Jahr rauskommt, wird unserer Arbeit zukommen.

All Eure Unterstützung und Euer Mittragen ermöglichen erst unsere Arbeit hier in Kenia. Habt ganz herzlichen Dank dafür!

Mit lieben Grüssen!

Marianne  und Jonny


Rundbrief  

Im Mai 2005

Liebe Freunde!

Wie die Zeit vergeht… Es scheint, je älter wir werden, desto schneller vergeht sie…. Schon sechs Jahre lebe ich jetzt hier in Nairobi. Manche der Kinder sind in dieser Zeit zu Erwachsenen geworden… 

Sarah, eine Waise, war in der sechsten Klasse, als sie im Jahr 1999 zu uns kam. Seit ein paar Monaten arbeitet sie als Kosmetikerin. Letzten Monat ist sie ausgezogen. Sie mietet ein Zimmer und lebt mit einer Cousine zusammen. Doch oft ruft sie mich an und erzählt mir das Neuste. Wir sind dankbar und stolz, dass Sie es geschafft hat, auf eigenen Beinen zu stehen.

Odengo, der Älteste unserer Grossfamilie, wurde vor gut drei Jahren mit der Sekundarschule fertig. Er hatte gehofft, dass er Krankenpfleger lernen kann. Trotz seinen guten Noten wurden seine Bewerbungen immer wieder zurückgewiesen. Er arbeitete aber  in der Zwischenzeit in der Arztpraxis eines Freundes. Dieser war immer wieder voll Lob, da Odengo in kürzester Zeit sehr viel Verantwortung übernahm. Doch wir fanden, dass es nun an der Zeit sei, dass er sich weiter um seine Ausbildung kümmert. Odengo beschloss anfangs Jahr nach Uganda zu ziehen und dort nochmals zwei Jahre in die Schule zu gehen.  Wir hoffen, dass er am Ende dieser Zeit sehr gute Noten hat, damit er direkt an der Uni in Uganda Medizin studieren kann. Er hat das erste Trimester abgeschlossen und kam „heim“ zu uns in die Ferien. Alle freuten sich, dass ihr grosser Bruder wieder da war. Als junger Knabe verlor Odengo seine Eltern. Die Verwandten kümmerten sich kaum um ihn und deshalb lebte er auch mehrere Jahre auf der Strasse. Wenn man ihn heute sieht, ahnt man nicht, wie viel er in seiner Vergangenheit erlebt hat. Auch er ist unser Stolz und ein Vorbild für alle seine jüngeren Geschwister in unserer Familie.

Diana war in der siebten Klasse, als sie 1999 zu uns kam. Letztes Jahr beendete sie die Sekundarschule. Ihre Geschwister sind kaum je in die Schule gegangen. Vor etwa vier Jahren hat sie einen Bruder verloren, der ein Strassenjunge war; er nahm in einem Teich sein tägliches Bad und ertrank dabei. Anfangs Jahr ist eine ihrer Schwestern gestorben; bei einem Streit wurde sie erstochen. Kein Wunder, dass die Familie grosse Hoffnungen in Diana setzt. Wie ich schon im letzten Rundbrief erwähnte, ist sie hilfsbereit und übernimmt oft die Verantwortung in unserer Grossfamilie. Letzte Woche begann sie nun im SOS Technikzentrum eine zweijährige Ausbildung zur Köchin und Kellnerin.

 

Wir sagen den Kindern immer, dass wir ihnen die Chance für eine bessere Zukunft bieten können, doch ob sie sie schlussendlich packen, liegt einzig und allein an ihnen. Leider müssen wir auch immer wieder erfahren, dass nicht alle die Chance, die sie bekommen, wahrnehmen. Gerade anfangs Jahr verliess uns wieder einer der Jungs. Er hatte einen guten  Primarschulabschluss und wir fanden eine gute Sekundarschule. Doch schon nach kürzester Zeit gab es in der Schule Probleme und er wollte nicht mehr dorthin zurück. Er greift zu Drogen und wir hören, dass er zu einer der unzähligen Diebesbanden gehört.

Vor kurzem wurde ich gefragt, welche Motivation ich für unsere Arbeit hätte, und ich antwortete: „Jedes Kind sollte die Chance für eine bessere Zukunft bekommen. Zu sehen wie ein Kind durch Liebe und Geborgenheit verändert werden kann, ermutigt mich und gibt mir Kraft weiterzufahren.“ Und im Markus Evangelium steht (9.36 - 37): Jesus nahm ein kleines Kind, stellte es in die Mitte und umarmte es. Dann sagte er: „Wer ein solches Kind mir zuliebe aufnimmt, der nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, der nimmt damit Gott selbst auf, weil Gott mich gesandt hat.“ Aber es wird uns immer wieder bewusst, dass Eure finanzielle Unterstützung es erst möglich macht, dass wir den Kindern helfen können. Wir sind auch dankbar wenn Ihr an uns denkt, uns hin und wieder schreibt und für uns betet.

Im April besuchte Florence, unsere Sozialarbeiterin, alle Mütter unserer Kinder in Soweto und fand heraus, wie sie leben und wie sie ihr tägliches Brot verdienen. Sie nimmt uns mit auf einen Besuch zur Familie Njoroge. In diesem Haushalt unterstützen wir vier Kinder:

Die Familie Njoroge lebt in zwei kleinen Zimmern aus Wellblech, mit einem Erdboden. In der Regenzeit wird der Boden nass und lehmig… Sie bezahlen für beide Zimmer monatlich 10SFR. Eines der Zimmer dient gleichzeitig als Wohn- und Schlafzimmer für die zwei älteren Jungs. Njoroge, den Ältesten (18 jährig), schicken wir in eine Mechanikerlehre. Paul ist vierzehnjährig und er geht in die siebte Klasse. Das zweite Zimmer wird als Schlafzimmer der Eltern, der zwei Mädchen (12 und 11 jährig; sie gehen in die vierte Klasse) und des jüngsten Sohnes (7 jährig), sowie als Küche benutzt. Die Mutter ist 36 jährig, der Vater ist über 50 jährig. Der Vater arbeitet gelegentlich auf Baustellen, doch es macht keinen Unterschied ob er arbeitet oder nicht, da er nie einen einzigen Schilling heimbringt. Er trinkt Chang’a, den illegalen, billigen Alkohol und  ist mehr oder weniger immer betrunken.

Die Mutter kann weder lesen noch schreiben, doch sie gibt ihr Bestes um für ihre Familie zu sorgen. Sie wäscht entweder Kleider oder sortiert zweimal wöchentlich grüne Bohnen, die für den Export bestimmt sind. Die Bohnen werden vom Landesinnern nach Nairobi gebracht. Sie werden in der Nacht sortiert und am nächsten Tag nach Europa transportiert. Je nach Saison verdient sie zwischen 3.50 – 6 SFR pro Nacht. Fürs Kleiderwaschen geht sie von Tür zu Tür und fragt ob Familien schmutzige Wäsche haben. Sie verdient je nach Wäscheberg zwischen 2 - 3.50 SFR pro Tag. Doch oft findet sie keine Arbeit, kehrt müde und mit leeren Händen wieder heim.

Als Florence sie besuchte, redete Mama Njoroge auch über ihre Probleme. Sie ist verzweifelt, da sie wieder schwanger ist. Sie weiss nicht, wann das Kind zur Welt kommen wird. Sie ist noch zu keiner Voruntersuchung gegangen und sie plant, dass das Kind daheim geboren wird, da sie kein Geld hat um in ein Spital zu gehen.

Sie wollte wirklich kein weiteres Kind. Sie nahm sogar eine zeitlang die Pille, doch ihr Körper vertrug sie nicht. So ist sie auf die monatlichen Spritzen umgestiegen, doch auch diese vertrug sie nicht. So beschloss sie, natürlich zu verhüten. Sie versuchte es ihrem Mann in einem nüchternen Moment zu erklären. Doch da er ja meistens betrunken ist und er der Meinung war, dass es sein Recht sei, zu jeder Tages - oder Nachtzeit seine Frau zu rufen - und sie keine Szene vor ihren Kindern machen wollte, hat sie meistens nachgegeben. Manchmal ist sie aber einfach aus dem Haus gerannt und erst nach Stunden wieder zurückgekommen. Oft wurde sie auch geschlagen von ihrem Mann, da sie nicht schnell genug seinen Wünschen nachkam.

Die zwei älteren Jungs schämen sich für ihren Vater und wissen, wie schwer es die Mutter hat. Sie sehen auch, wie sie beschimpft und geschlagen wird und wie sie alleine für die Familie sorgt. Die zwei Jungs haben schon mehrmals angedroht, dass sie ihren Vater am liebsten verhauen würden.

Kein Wunder, dass die Kinder am liebsten jeden freien Moment im Klubhaus verbringen. Dort können sie das Elend von daheim vergessen und unbeschwert Kind sein.

Bei seinen Drinkkumpanen ist der Ehemann respektiert, weil er seine Frau im Griff hat und er alle seine Kinder in die Schule schickt. Doch seine Frau schickt er tagtäglich durch die Hölle…

News aus Soweto…

    ×   In den Ferien im April war das Klubhaus immer voll. An gewissen Tagen mussten die Kinder sogar gestaffelt kommen. Morgens gab es Schularbeit und nachmittags die verschiedensten Aktivitäten.        Mehrmals kamen Akrobaten, die mit einigen der Kinder trainierten. Auch in traditionellen Tänzen wurden interessierte Kinder ausgebildet. Oft wurde Fussball gespielt. Die Mädchen trainierten auch zweimal wöchentlich mit einer jungen Fussballtrainerin (Patricia). Innert kürzester Zeit hat Patricia den Zugang zu den Mädchen gefunden und sie motiviert. Wenn sie gegen die Jungs spielen, haben die Mädchen sogar recht gute Chancen. Julius übte fleissig mit seinem Chor, und sie gingen sogar in ein Studio um Lieder aufzunehmen.

 

    ×   Im April  fanden wir in Soweto ein passendes Stück Land und kauften es. Es hat die doppelte Grösse vom jetzigen Klubhaus. In den nächsten Monaten werden wir dort unser eigenes Klubhaus bauen. Unser Gebet ist es, dass das neue Klubhaus noch für viele Kinder ein Zufluchtsort werden kann.

 

 

    ×   In der letzten Zeit haben wir wieder vermehrt den Kontakt zu den Müttern gesucht. Viele der Mütter haben keine Papiere (Geburtsurkunden, oder ID’s). Wir helfen ihnen jetzt bei dieser administrativen Aufgabe, begleiten sie zu den Behörden und füllen die Papiere aus. Auch laden wir einmal im Monat Gastreferenten ein, die über die verschiedensten Themen sprechen. Die Frauen kommen und lernen etwas über ihre Rechte, die Rechte der Kinder und finden Antworten auf Fragen in der Erziehung, auf Aids und andere Themen, die sie interessieren. Da es nach dem Vortrag noch eine Tasse Tee und etwas zu knabbern gibt, ist es auch ein Ansporn zu kommen.

Wir hoffen, dass wir Euch mit diesem Brief wieder einen kleinen Einblick in unseren abwechslungsreichen Alltag gegeben haben. Danke für Euer Mittragen und Euer Interesse!

Mit lieben Grüssen!

Marianne  und Jonny

 


Rundbrief  

Im März 2005

Liebe Freunde!

 

Das vergangene Jahr endete ziemlich turbulent für uns... Anfangs Dezember erhielten wir beide am gleichen Tag einen Anruf, dass es unseren Vätern nicht gut ginge. Unverhofft mussten wir so kurzfristig Flüge nach Europa buchen. Gleichzeitig gingen wir auf den Flughafen, bestiegen aber verschiedene Flugzeuge. Innerhalb von sieben Wochen verstarben beide Väter.

Während unserer Abwesenheit zog Florence Kibicho (unsere Sozialarbeiterin) in unser Haus und übernahm die Verantwortung. Wir sind dankbar für unsere Mitarbeiter, die sich Tag ein, Tag aus treu für die Kinder einsetzen.

Oft haben wir Praktikanten bei uns. David, ein Student aus Deutschland, lebte letztes Jahr 12 Wochen bei uns. Wir alle schätzten seine Mitarbeit sehr. Er erzählt uns von seinen Eindrücken und gibt uns einen Einblick in seinen Alltag:

"Als ich mein Praktikum in Kenia begann, wusste ich nicht viel über dieses Land. Ich hatte zwar einiges in Reiseführern und im Internet gelesen doch irgendwie wusste ich, dass mir diese Informationen keine wirkliche Einschätzung der Lage vor Ort erlaubten. Also bestieg ich das Flugzeug, ohne zu wissen wohin meine Reise eigentlich ging. In Nairobi kam ich mit reichlich Verspätung an und musste dann auch noch feststellen, dass ein Teil meines Gepäckes verloren gegangen war. Marianne holte mich am Flughafen ab und wir fuhren mit einem Taxi in ihr Haus. Es war nun gegen 11 Uhr abends und wir mussten viele Polizeisperren passieren, ich fühlte mich wie in einen schlechten Gangsterfilm versetzt. Als wir dann endlich in Doonholm ankamen, waren alle Kinder schon im Bett und ich lernte nur den Wachmann kennen.

Am nächsten Tag zeigte mir Marianne die einzelnen Zimmer und stellte mir die Hausmutter und den Hausvater vor. Gegen Mittag ging ich mit einem der älteren Jungen in die Außenwohngruppe wo wir über Drogen, Aids und Deutschland sprachen. Als ich am Abend zurück gebracht wurde, waren viele Kinder schon zurück aus der Schule und das Haus hatte sich mit Leben gefüllt. Die Kinder stellten sich alle vor, aber schon nach kurzer Zeit  hatte ich den Überblick verloren. Die teils exotischen Namen bzw. Spitznamen verwirrten mich sehr und die Unterscheidung der Kinder war schwierig, schließlich waren sie alle schwarz...  Nach kurzer Zeit legten die jüngeren Kinder ihre anfängliche Scheu ab und begannen mit mir zu spielen. Sie hingen an meinen Beinen, Armen, Füßen und auf dem Rücken und betrachteten mich wohl als perfekten Kletterbaum. So verging der Abend mit viel Spaß und Spiel.

Am nächsten Morgen holte mich ein Mitarbeiter aus dem Klubhaus ab und wir fuhren in die Stadt um Geld zu tauschen und andere Erledigungen zu machen. Nairobi ist eine laute und dreckige Stadt. Es herrscht permanenter Stau und die Luft ist mit Abgasen verschmutzt. Alles wirkt für einen Europäer sehr chaotisch und undurchschaubar, doch nach einiger Zeit erkennt man in all dem hektischen Treiben ein System und bekommt einen gewissen Überblick.

Am Nachmittag fuhren wir dann nach Soweto ins Klubhaus, wo nach der Schule, in den Ferien und am Wochenende die Kinder betreut werden. Soweto wirkte sehr trist und irgendwie hatte ich das Gefühl die Menschen hier warten nur auf den Tod. Im Klubhaus herrschte eine andere Stimmung. Die Kinder waren ausgelassen und spielten. Schon nach kurzer Zeit war das Eis gebrochen und mir fiel auf, dass auch hier die Kinder den Körperkontakt suchten. Meine weiße Haut und die Behaarung an Armen und Beinen wurde des öfteren ausgiebig untersucht. Mit der Zeit lernte ich die einzelnen Kinder zu unterscheiden und konnte mich auf die Besonderheiten des Einzelnen einstellen. Im Klubhaus begann ich dann bei den Hausaufgaben zu helfen und  einige Stunden Unterricht zu geben. Hierbei fiel mir auf, dass die Kinder große Probleme im Textverständnis von Aufgaben und beim logischen Denken hatten. Bei  einer späteren Hospitation in einer Schule erkannte ich die Ursache für diese Probleme. In den großen Klassen wird auf pures Auswendiglernen gesetzt und so das Denken des Einzelnen verhindert. Aufgaben werden meist im Chor beantwortet  und die Defizite der Schwächeren bleiben dem Lehrer verborgen. 

Im Klubhaus wird versucht, sich Zeit für jeden Einzelnen zu nehmen und ihm die Zeit zu geben, die er braucht. Neben dem Lernen bleibt aber auch Zeit zum Spielen und Kind sein. Für die Kinder ist das Klubhaus der einzige Platz an dem sie wirklich Kind sein können. Die Freude darüber sieht man, wenn man in die Augen der Kinder schaut und dort ein Leuchten entdeckt, welches sich nicht beschreiben lässt. Dieses Leuchten macht das Klubhaus zu einem Ort des Glücks in Mitten des Elends. Es ist wie ein Licht im Dunkeln, das einem den Weg zeigt. Für die Kinder ist der Schulbesuch und das vermittelte Wissen eine Chance aus dem Elend zu entkommen und  eine Zukunft zu haben. Sie haben nur die eine Chance und sie haben Glück diese zu bekommen. Viele andere warten vergebens darauf und werden nie die Möglichkeit haben sich Bildung anzueignen und damit den Weg aus der Armut zu finden.

Neben der Arbeit mit den Kindern gibt es auch eine gewisse Fürsorge für die Familien. Es werden Hausbesuche gemacht, um festzustellen wie die Lebenssituation in den einzelnen Familien ist. Dabei geht es um die finanzielle Lage und den gesundheitlichen Zustand der einzelnen Familienmitglieder. Hierbei werden in bestimmten Fällen auch die Kosten für die Behandlung der Familienmitglieder übernommen.

Das größte Problem in den Slums, aber auch auf dem Land, ist der Alkoholismus. Es gibt unzählige illegale Brauereien und Brennereien in denen einfachster Alkohol produziert wird. Dieser wir oft noch mit Chemikalien vermischt um die Wirkung zu beschleunigen und den Preis zu senken. Die mangelnde Qualität dieser Getränke führt häufig zu Todesfällen oder zumindest zu beträchtlichen  gesundheitlichen Schädigungen. Durch den Alkoholmissbrauch kommt es oft auch zu sexuellen Kontakten, die dann häufig zur Infektion mit AIDS führen.

AIDS ist für die kenianische Bevölkerung wie ein unsichtbarer Dämon, der über ihr schwebt. Gut 10% der Bevölkerung sind HIV positiv. Nach der Infektion beträgt die Lebenserwartung noch 3-4 Jahre bevor die Person stirbt. Obwohl die Ursache für den Tod bekannt ist,  wird sie oft verschwiegen und es wird gesagt die Person sei an TBC oder Malaria verstorben.

Ich habe verschiedene Menschen mit AIDS getroffen und ihr Umgang damit war auch sehr verschieden. Die einen verschwiegen es, während andere sich organisierten und versuchten sich gegenseitig zu helfen bzw. andere über die Krankheit aufzuklären. Ich lernte einen Mann im Endstadium kennen, der sich bewusst auf den Tod  und das Treffen mit Gott vorbereitete. Überhaupt ist der Glaube sehr wichtig und obwohl es viele verschiedene Formen des christlichen Glaubens gibt, so glauben doch alle an Gott. Dies merkt man daran, dass es sehr viele Kirchen gibt und diese auch zu jedem Gottesdienst voll sind. Der Glaube an Gott hilft den Menschen ihr Leben zu meistern und den Mitarbeitern von Maisha Mema gibt er die Kraft ihre Arbeit fortzusetzen, welche vielen Menschen Mut und Hoffnung gibt. Es ist zwar nur ein Tropfen auf den  heißen Stein, der nur das Leid einiger weniger ändern kann, doch für jeden Einzelnen lohnt sich diese Arbeit.

Die Zeit in Afrika war für mich sehr lehr- und erfahrungsreich. Es war nicht immer einfach und so manches ist mir ein Rätsel geblieben. Doch vieles habe ich entdeckt, was mir sonst wohl ewig verborgen geblieben wäre. Es ist gut diese Arbeit gemacht zu haben und den Menschen Momente des Glücks geschenkt zu haben".

    ×   Im Dezember veranstalteten Paul und Ken, zwei Besucher aus Norwegen, für fünfzig unserer Kinder aus Soweto ein viertägiges Camp in Machakos, einer Stadt, die etwa eine Autostunde von Nairobi entfernt ist.  Sie übernachteten in einer Schule und es hatte dort sogar ein Schwimmbad, das rege von den Kindern benutzt wurde. Vier Tage lang immer einen vollen Teller zu haben, wurde auch von allen sehr geschätzt. Mit Sport und Spiel verflog die Zeit für die Kinder nur all zu schnell, aber sie wird unvergessen bleiben.

    ×   Letzten Samstag war ein besonderer Anlass im Klubhaus in Soweto. Paul gelang es, eine für Kenia, ganz bekannte Musikgruppe (Kayama Afrika) einzuladen. Sie erklärten sich bereit gratis für unsere Kinder zu singen.  Das Klubhaus platzte fast aus allen Nähten, auch viele Mütter wollten sich die Show nicht entgehen lassen. Schon beim ersten Lied tanzten die Kinder begeistert mit. Es war schön die Mütter einmal von einer anderen Seite kennen zu lernen, auch sie machten ausgelassen und unbeschwert mit.

    ×   Diana, eine der Ältesten in unserer Grossfamilie wurde im November mit der Sekundarschule fertig. Während sie auf die Resultate wartet, die in den nächsten Tagen veröffentlicht werden, besucht sie einen Computerkurs. Wann immer Hellen, unsere Hausmutter, frei hat, kümmert sich Diana um den Haushalt. Sie ist sehr verantwortungsbewusst, fleissig und ein gutes Vorbild für die Kinder.

    ×   Sechs Schüler hatten im November ihre Primarschulabschlussprüfung. Alle bestanden die Prüfung und wir sind froh, dass wir gute Sekundarschulen fanden. Letztes Wochenende hatten sie das erste Mal frei und kamen aus den Internaten zurück. Begeistert erzählten sie von ihren neuen Schulen.

 

Julius, einer unserer Mitarbeiter in Soweto, schrieb uns kürzlich ein sms, das uns sehr ermutigt hat: „For all you do, who can repay you, but God. The many hugs you give the children; Jonny and you might be the only teddybear they have ever known. Thanks for keeping a smile on the faces of those kids. May God keep one on your face too.“ 

„Für alles das Ihr tut, wer kann Euch bezahlen, ausser Gott. Die vielen Liebkosungen, die Jonny und Du den Kindern gebt, vielleicht seid Ihr die einzigen Teddybären, die die Kinder je hatten.

Danke, dass Ihr ein Lächeln auf die Gesichter dieser Kinder zaubert. Möge Gott auch eines auf Eure Gesichter zaubern.“

Durch Eure Gebete, und Eure finanzielle Unterstützung macht Ihr es erst möglich, dass wir die Kinder hier erreichen können.  HERZLICHEN DANK!

Mit lieben Grüssen!

Marianne  und Jonny

 

Für ältere Rundbriefe, sehen Sie bitte unter Deutsche Rundbriefe 2001 - 2004

Für neuere Rundbriefe, sehen Sie bitte unter Deutsche Rundbriefe 2008 - 2010

und Deutsche Rundbriefe 2011 - 2013

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